Streckenflug am Nebelhorn


Einleitung

Abb. 1: Am Schattenberg
Abb. 1: Am Schattenberg
Auch im Winter bietet das Nebelhorn reizvolle Flugmöglichkeiten.

Das Nebelhorn ist, wie ich meine, eines der faszinierendsten deutschen Streckenfluggebiete. Für Dreiecksaufgaben vermute ich, das beste (alpine) deutsche überhaupt. Wer sich überwinden kann, die DM 28,- (+ Startgebühr ca. DM 5,-) für die Auffahrt mit der Nebelhornbahn zu investieren, wird an einem guten Flugtag mit Streckenflugmöglichkeiten belohnt, die vom Startplatz weg bereits in drei Himmelsrichtungen führen.

Die Kombination aus den weit verzweigten Oberstdorfer Tälern und dem Tannheimer Tal bietet bereits genügend Fläche, um Dreiecke bis über 80 km aufzuspannen. Außerdem ist die Infrastruktur so, daß man nach einem Absaufer in der Regel leicht zurücktrampen kann oder zumindest nicht zu lange Fußwege vor sich hat. Nicht zu vernachlässigen ist auch, daß praktisch alle zu überfliegenden oder zu passierenden Täler reichlich gefahrlose Außenlandemöglichkeiten bieten.

Nicht unterschätzen sollte man den Einfluß des nördlichen Ausgleichwindes, der sich nachmittags recht kräftig einstellen kann. Für südseitige Bergflanken (Prototyp: Schattenberg) besteht vielleicht nicht gerade morgens, aber auf jeden Fall ab Mittag im eigenen Interesse "Einflugverbot" unterhalb Grathöhe. Gleichzeitig bieten dann die Nordflanken z.B. am Rubihorn oder Schattenberg sehr gute Bedingungen zum Aufsoaren.

Für Streckenflieger ist übrigens ein Kennzeichen auf dem Fluggerät erforderlich, dessen Vorhandensein gelegentlich von Clubmitgliedern am Landeplatz überprüft wird.


Der Landeplatz

Abb. 2: Oybele-Wiese
Abb. 2: Oybele-Wiese
Der Landeplatz für Drachen- und Gleitschirmflieger vom Nebelhorn liegt neben der Festhalle.

In der Nähe der Nebelhornbahn liegt die Oybele-Wiese, ein schöner großer Landeplatz, der es unter thermischen Bedingungen allerdings in sich haben kann. Nach hinten verjüngt sich die Wiese leicht; der dadurch entstehende Düseneffekt ist spürbar, wenn man sich beim nachmittäglichen Landeanflug zu weit nach hinten versetzen läßt. In der Mitte befindet sich ein groß dimensionierter Windsack, der auch aus großer Höhe noch gut auszumachen ist. In der Regel zeigt dieser Wind aus Nord an, da das hier die vorherrschende Talwindrichtung ist. Da dieser nachmittags recht kräftig werden kann, baut man die Höhe am besten zwischen Seilbahn und Oybelefesthalle ab. Wenn es hier nach oben statt nach unten geht, weiter nach links, in Höhe der Talstation, die Höhe abbauen und nicht die Geduld verlieren. Für Gleitschirmflieger ist eine Rechtslandevolte vorgeschrieben, deren Gegenanflug über die Festhalle hinweg am linken Rand der Landewiese entlang führt. Der Endanflug beginnt nach kurzem Queranflug in der hinteren Hälfte der Wiese.

Nach meinen Erfahrungen bewährt es sich auch bei starkem Wind und thermischen Bedingungen, diese Flugroute einzuhalten. Man setzt den Landeanflug am besten an, wenn man die Höhe der obersten Bäume am Abhang vom Kühberg (links oberhalb der Festhalle) unterschritten hat. Für Drachenflieger ist übrigens eine Linkslandevolte am rechten Rand der Wiese entlang vorgeschrieben, diese sind hier aber selten anzutreffen.

Nach der Landung trifft man sich in der nördlich, unmittelbar neben der Talstation gelegenen Milchbar, um bei Radler und Sportlermüsli über den letzten Flug zu resümieren. Nach neueren Meldungen (vielen Dank an J. W. Tichy für die Mitteilung) ist der Treffpunkt mittlerweile ins gegenüberliegende Stübchen neben Heckmeiers Fahrradgeschäft verlagert.


Die Startplätze

Abb. 3: Startplatz vor dem Edmund-Probst-Haus
Abb. 3: Edmund-Probst-Haus
Der niedrigste Startplatz liegt westlich unmittelbar vor der Terasse des Edmund-Probst-Hauses.

Die erste Sektion der Seilbahn endet auf der Seealpe. Wenn Schnee liegt, kann die südlich der Bahn gelegene großzügige Wiese als Landeplatz genutzt werden. Im Sommer, wenn hier die Kühe weiden, ist das verständlicherweise unerwünscht, von Notsituationen mal abgesehen. Nach Süden, am Abhang des Geißfußes, befindet sich ein Wildschutzgebiet, von dem beim Flug ein Mindestabstand zu halten ist. Genaueres findet man auf den für Flieger ausgehängten Karten.

Die zweite Sektion endet am Edmund-Probst-Haus. Hier befindet sich der erste Startplatz, direkt unterhalb der Aussichtsterrasse, mit Startrichtung West. Von hier aus wird auch geschult, wenn auf der Seealpe gelandet werden kann. In der Regel steht hier der Wind gerade von vorn an; bei thermischen Bedingungen kann er nachmittags aber auch schon vom Gipfel herab blasen, klar, daß sich dann ein Start verbietet. Bei nur mittelprächtigem Flugwetter (z.B. zu tiefe Basis) kann ein Flug von hier durchaus lohnend sein. Nach dem Start führt der Flug zunächst geradeaus bis zum Abbruch zur Seealpe (hier trägt es schon meist), dann hält man sich links zum verlängerten Grat des Schattenbergs und sucht sich, den Grat entlangfliegend, eine Stelle zum Aufsoaren.

Im Sommer kann man von hier auch zum großzügigen Wiesenstartplatz am Geißfuß laufen (ca. 1 h). Achtung: Am Nachmittag kann dort der Nordwind den Start unmöglich machen.

Abb. 3: Startplätze am Gipfel
Abb. 4: Startplätze am Gipfel
Im Gipfelbereich gibt es mehrere Startplätze mit unterschiedlichem Gefälle und für verschiedene Windrichtungen.

Die dritte Sektion schließlich endet am Gipfel, wo es zwei Startplätze gibt (B-Schein erforderlich).


Der Weg zum Startfoto

Nach Ausfüllen der Startmeldung und erfolgreichem Start (bei großen Strecken früh starten: 11:00 bis 11:30 Uhr) gibt es zwei Routen für den ambitionierten Streckenflieger.

Die Standardroute

Abb. 5: Der Gipfelstartplatz
Abb. 5: Der Gipfelstartplatz
Der steile Gipfelstartplatz ist sehr anspruchsvoll und läßt kaum Möglichkeiten für Korrekturen beim Startvorgang.

Die Standardroute führt nach rechts den Grat entlang in Richtung Geißfußgipfel. Wenn in der Felsmulde vor dem Startplatz kein Schnee mehr liegt, kann man eventuell schon vor dem Startplatz oder an einer der ersten Felskuppen rechts aufdrehen. Sonst hält man sich, soweit möglich, direkt über dem Grat (sonst südlich), um jeden Heber mitzunehmen und damit möglichst wenig Höhe zu verlieren. Knapp hinter dem Geisfuß-Gipfel geht es dann in die Höhe. Der Bart steht normalerweise an dem kleinen, Richtung Südwest abfallenden Grat innerhalb der Lawinenverbauung.

Alternativ, und vor allem, wenn man am unteren Gipfelstartplatz gestartet ist und bis zum Geißfuß zu viel Höhe verloren hat, kann man am nach Süden in das Wildschutzgebiet steil abfallenden Ausläufer noch in einem langsam nach Norden versetzenden Bart aufdrehen. Bei der Thermiksuche bitte auf Abstand zum Schutzgebiet achten!

Außerdem kann man noch an der steil nach Süden abfallenden Felskante am Geisalphorn in die Thermik einsteigen.

Dem Einsteiger sei empfohlen, diese Routen mal in der ruhigen Vormittagsluft abzufliegen, um ein Gefühl für die Entfernungen zu bekommen.

Die alternative Route

Abb. 6: Die Seealpe
Abb. 6: Die Seealpe
Die Seealpe ist Umsteigeplatz nach der ersten Seilbahnsektion und ein markanter Geländepunkt für die Fotodokumentation.

Die alternative Route, von Oliver Rössel ausgearbeitet, führt direkt geradeaus nach Süden zur anderen Talseite. Dort befindet sich etwa in der Mitte zwischen Schattenberg und Hüttenkopf am Grat ein "Zwischengipfel", dessen Name mir nicht bekannt ist. Er hat eine grüne, nach Osten zum Seealpsee steil abfallende Flanke, die vom Nebelhorngipfel durch die Mulde im Schattenberggrat gut auszumachen ist. An diesem Gipfel gibt es die zweite markante Thermik dieses langen Ost-West-Grates. Mit den heutigen Schirmen ist es kein Problem, über dem Gipfel anzukommen und in die Thermik einzusteigen, zumal diese bereits vor dem Gipfel über dem Grat zu tragen beginnt. Man baut dort maximale Höhe auf und wechselt dann in den westlicheren Bart, um von dort das Startfoto anzugehen.

Das Startfoto

Abb. 7: Flug zum Geißfuß
Abb. 7: Flug zum Geißfuß
Nach dem Startfoto geht es zurück zum Geißfuß, um dort die verlorene Höhe wieder zurückzugewinnen.

Hat man Höhe aufgebaut (ab 2400 m wird es interessant), kann man sich auf den Weg zum Startfoto machen. Bis vor einiger Zeit war die Seealpe das beliebteste Fotoobjekt, je nach Geschmack und Aufgabe können es u.a. aber auch die Schattenbergschanze oder das Wohnhaus Gruben sein. Die Nebelhorngipfelstation sollte man nur wählen, wenn man nicht beabsichtigt, dorthin wieder zurückzukehren (d.h. nicht bei geschlossenen Aufgaben). Ist das Foto im Kasten, kommt es jetzt darauf an, wohin man weiter fliegen will. In Flugrichtung Süd geht es zum Schattenberg, wo der Bart ca. 50 m östlich des Gipfelkreuzes wartet. Geht es nach Norden oder Osten, fliegt man zum Geißfuß oder Geißalbhorn, um die verlorene Höhe wieder zurückzugewinnen.


Der Flug nach Norden

Abb. 8: Flugrouten nach Norden
Abb. 8: Flugrouten nach Norden
In nördlicher Flugrichtung gibt es einige Standardflugrouten, die weitgehend dem Verlauf der Bergketten folgen.

Den Flug in Richtung Norden startet man am besten aus dem schon beschriebenen Bart über dem Geißfuß. Es sollte dann ca. 12:00 Uhr (MESZ) sein; ein Blick von oben auf den Nebelhornstartplatz wird wohl zeigen, daß immer noch viele Piloten überlegen, ob es nicht zu früh zum Starten ist. Aus der Sicht des bereits in der Thermik kreisenden Piloten besteht während dessen kein Zweifel mehr daran, daß die Entscheidung für den frühen Start richtig war. Während man sich kontinierlich der Basis nähert, bietet sich jetzt eine gute Gelegenheit, die Wetterentwicklung zu beobachten. Der Blick in Richtung Südwesten zum markanten Felsabbruch des Hohen Ifen zeigt, daß sich dort in ordentlicher Höhe eine Wolke gebildet hat, die nach oben hin flach bleibt. Sollte das der Fall sein, besteht Grund zur Freude, denn das Wetter wurde richtig eingeschätzt und eine Flugstrecke auf dem Formular eingetragen, die das Tannheimer Tal rauf und runter führt. Sollte diese Wolke jetzt schon deutlich nach oben quellen, dann macht das nichts, denn es war ja bekannt, daß es am späten Nachmittag oder Abend Gewitter gibt; folgerichtigerweise wurde nur ein schnelles kleines flaches Dreieck mit ca. 40 km ausgeschrieben, für das die folgenden 2,5 bis maximal 3 Flugstunden ausreichen.

Beruhigt kann man also weiter zur Basis aufdrehen, die jetzt gerne über 2600 m (je höher, umso besser) liegen dürfte. Ist diese erreicht, geht es direkt gerade auf den Schnippenkopf zu, der die höchste Erhebung der Kette über das Sonthofener Hörnle zum Imberger Horn bildet. Den Entschenkopf läßt man rechts liegen, er wird jetz nicht benötigt. In der Regel kann man die Thermik überm Schnippenkopf schon an einer leichten Wolkenbildung erkennen. Das Steigen ist dort meist nicht sehr stark, aber meist braucht man dort jeden Meter. Die Zeit sollte man sich auch nehmen (man hat sie!), und bis zur Basis hochdrehen, immer wieder suchend, ob 100 m weiter eine ausgeprägte Wolke nicht doch noch stärkeres Steigen verspricht.

Abb. 9: Altstättner Hof
Abb. 9: Altstättner Hof
Ein markantes Gebäude auf dem Weg zum Sonthofner Hörnle, das auch Möglichkeiten für Außenlandungen bietet.

Oben angekommen, geht es direkt weiter mit Peilung auf das Sonthofener Hörnle, je nach Höhe auch direkt auf das Imberger Horn zu. Man bleibt beim Flug direkt über der Kette und nimmt jeden Heber mit. Sollte es doch tiefer runtergehen, bleibt man westlich der Kette (nicht in die Ostseite einfliegen!) und sucht am Wald entlangsoarend nach einer brauchbaren Thermik. Auch hier gilt wieder, daß die Zeit auf unserer Seite ist, denn der Talwind entwickelt sich nun langsam und schiebt die Thermik von Nordwesten auf uns zu. Also Geduld und lieber mal 20 min bei einem Nullschieber einparken.

Der Flug führt nun am Altstättner Hof vorbei, ein markant langgezogenes Gebäude, das mitten in einer großen, leicht abfallenden Almwiese liegt, die sich zur Not auch zum Landen eignet. Dieser Hof bietet sich bereits als Wendepunkt für ein kleineres flaches Dreieck an.

Über dem Sonthofner Hörnle angekommen, sucht man nicht lange herum, wenn sich kein Steigen zeigt und die Höhe noch bis zum Imberger Horn reicht; sonst hilft nur das Warten auf der Nordwestseite. Über dem Imberger Horn sollte jetzt eine markante Wolke die gute aus der Südseite (auch hier nicht hineinfliegen) herausziehende Thermik anzeigen. Hier trägt es auch sehr früh schon gut; einmal gefunden, geht es locker bis zur Basis. Diese liegt übrigens ca. 100 bis 200 m tiefer als am Geißfuß.

Abb. 10: Hindelanger Tal
Abb. 10: Hindelanger Tal
Zwischen Imberger Horn und dem Hirschberg liegt das Hindelanger Tal.

Vor uns liegen jetzt zwei vorbildliche Wendepunkte:

Die Bergstation ist schnell erwischt, rausfliegen, Foto machen und wieder reinfliegen sind eine Sache von wenigen Minuten. Dann geht es denselben Weg zurück. Die Talstation ist eigentlich mehr was für ein FAI-Dreieck; man fliegt raus und wendet sich nach dem Foto direkt nach rechts zur westlichen Schulter des Iserle, auf der sich auch die Iselerplatz-Hütte befindet. Oberhalb dieser Hütte angekommen, findet man leichten Einstieg in die dem Geländeprofil folgende, östlich zum Iserle-Gipfel hin geneigte Thermik. Sollte man hier etwas zu tief ankommen, hilft geduldiges Suchen am nach Westen steil abfallenden Waldhang.

Wer Größeres vorhat und einen Wendepunkt nördlich des Hirschberges ausgeschrieben hat, quert das Tal geradeaus über Hindelang hinweg in Richtung Hirschberg. Hierbei hat man Zeit, den landschaftlich reizvollen Blick auf den Oberjochpaß zu genießen. Thermikanschluß findet sich meiner Erfahrung nach (war erst zweimal dort) in der Mulde rechts vom Hirschberg (Wildschutzgebiet!) oder besser an dem nach Südwesten abfallenden Grat vom Jochschrofen. Wenn die Höhe ausreicht, kann man auch direkt zum Spieser durchfliegen, dort trägt es normalerweise sehr gut. Hat man hier entsprechend Höhe aufgebaut, kann man das Wendepunktfoto angehen. Beliebt sind hier die Hirsch Alm oder Karl-Hüller-Hütte. Wer es extrem mag, kann sich noch weiter zum Wertacher Hörnle aufmachen oder auch noch weiter den Waldrücken vom Starzlachberg entlang bis zur Roß Alm fliegen.

Abb. 11: Über dem Jochschrofen
Abb. 11: Über dem Jochschrofen
Vom Jochschrofen reicht der Blick bei schönem Wetter über den Iseler und das Tannheimer Tal bis zur Zugspitze.

Zurück zum Imberger Horn oder weiter zum Iseler geht es entweder vom Bart des Spieser oder des Jochschrofen aus wie oben bereits beschrieben.

Vom Iseler geht es, wie bereits an anderer Stelle sehr gut beschrieben, über B'schießer und/oder Ponten weiter das Tannheimer Tal entlang Richtung Neunerköpfel bzw. Hahnenkamm. Meiner Erfahrung nach ist die über die nördlichen Flanken geradeaus führende Route ca. 30 min schneller (bis zum Hahnenkamm gerechnet) als die sicherere über Geishorn und Sulzspitze. Für welche Route man sich entscheidet, kann man vom Wolkenbild abhängig machen. Kündigen die Wolken in direkter Flugrichtung kontinuierliche Thermik an, spricht nichts gegen den kürzeren Weg.


Der Flug nach Osten

Abb. 12: Flugrouten nach Osten
Abb. 12: Flugrouten nach Osten
Nach Osten begleitet der Hindelanger Klettersteig die ersten Kilometer.

Diese Flugrichtung ist hauptsächlich für Zielflüge in Richtung Osten interessant und außerdem jahreszeitlich etwas eingeschränkt; bedingt durch die hohe Lage des felsigen Geländes vor dem Startplatz und südlich des Hindelanger Klettersteiges kann sich hier der Schnee lange halten und die Ausbildung reichlicher Mengen warmer Luft verhindern. Wenn man nicht eine wirklich außergewöhnlich gute Wetterlage mit einer Konvektionshöhe über 3000 m erwischt, wird man wohl erst ab Mitte Juni reelle Chancen haben.

Das ideale Sprungbrett nach Osten ist der Bart des Nebelhorngipfels oder einer der benachbarten westlichen Felsgipfel. Nach dem Abflug hält man sich direkt über dem langen Grat; je nach Labilität kann dieser auf der gesamten Länge tragen oder auch nur an wenigen Stellen. Für den Fall, daß es zu früh runtergehen sollte, hat man hier mehrere Möglichkeiten, das Sinken zu beenden.

Der Große Daumen hat nördlich vom Gipfelkreuz einen mit Gras bewachsenen, nach Westen abfallenden Grat; hier findet man rettendes Steigen, um z.B. den Kurs weiter über die Heubatspitze und den Breitenberg (nicht den bei Pfronten) zu Iseler oder Imberger Horn fortzusetzen.

Abb. 13: Hintersteiner Tal
Abb. 13: Hintersteiner Tal
Die Ostseite des Hintersteiner Tales bietet bis zum späten Nachmittag Thermik für alle Streckenflieger.

Alternativ kann man sich nach Süden zum scharfen, aber ebenfalls grünen Grat der Laufbichelkirche hin orientieren. Hier ist das Steigen eher kräftig. Wer direkt weiterkommt, findet spätestens am Hengst kräftiges Steigen. Von dort oder auch von der Mittagsspitz quert man das Hintersteiner Tal zum grünen Gerenkopf, an dessen nach Westen abfallenden Grat es stetig nach oben geht. An der Basis angekommen, hat man die freie Wahl, der quer zur bisherigen Flugrichtung liegenden Nordsüdkette zu folgen oder geradeaus weiter über das Geishorn und den Vilsalpsee zum Neunerköpfel oder zur Sulzspitze zu fliegen.

Möchte man das beschriebene Gelände aus der anderen Flugrichtung, d.h. vom Tannheimer Tal her kommend, überqueren, z.B. weil man sich auf dem Rückweg von einem Wendepunkt in der Nähe des Hahnenkammes befindet, gibt es mehrere Möglichkeiten.

Vom Hörensagen kenne ich die Querung vom Rauhorn zur Mittagspitz. Mir ist allerdings bisher unbekannt, wie stark nachmittags der Wind im Hintersteiner Tal ist. Dieser wird interessant, wenn man nach der Querung zu tief ankommt und sich für das Lee der Südseite oder das Luv der Nordseite entscheiden muß. Mit zwei perfekten Wendepunkten auf dem Film habe ich diese Variante bisher nicht riskieren wollen und bin statt dessen weiter zum Iseler und von dort zum Imberger Horn oder vom Ponten/B'schießer zur Nordseite des Breitenberges geflogen.


Der Flug nach Süden

Abb. 14: Flugrouten nach Süden
Abb. 14: Flugrouten nach Süden
Nach Süden begrenzt der Allgäuer Hauptkamm die einfach erreichbaren Flugziele.

Der günstigste Ausgangspunkt für den Sprung nach Süden ist die westliche Thermik des Schattenbergs. Diese trägt bereits früh und auch sehr hoch. Hat man den Wildengundkopf als Wendepunkt ausgeschrieben, bieten sich je nach Basis- bzw. Konvektionshöhe zwei Wege an:

Bei größerer Höhe, d.h. über 2600 m, wählt man die erste Variante in Richtung Himmelschrofen. Hierbei sollte man möglichst noch oberhalb des Gipfels ankommen, um nicht unnötig in den Talwindeinfluß des Stillachtales zu geraten. Am Himmelschrofen bleibt man dann direkt über dem Grat und folgt diesem nach Süden. Die anfänglichen Nullschieber werden in der Regel erst oberhalb der steilen südwestlichen Felswände des Klupper zu ausdrehbarer Thermik.

Sollte man den Gipfel des Himmelschrofen nur knapp verfehlen, soart man am Nordhang auf oder bleibt weiter westlich vom Grat, um sich mit dem Talwind im Rücken bis zu den steilen Felswänden beim Klupper vorzuarbeiten. Dort heißt es dann, die blubbrige Thermik aus den Fugen zu kratzen.

Abb. 15: Zum Wildengundkopf
Abb. 15: Zum Wildengundkopf
Entlang der Bergkette zum Wildengundkopf reiht sich eine Thermik an die nächste.

Spätestens am Vorderen Wildgundkopf kann man wieder volle Arbeitshöhe aufbauen und den Rest dieser Rennstrecke ohne Sorgen zurücklegen. Der Gebrauch des Beschleunigers ist aber mit Vorsicht zu genießen, da es überm Grat immer wieder kräftig nach oben geht. Die Thermik des Hinteren Wildgundkopfes ist vermutlich die am höchsten reichende nördlich des Allgäuer Hauptkammes. Ab ca. 3400 m hat man von hier nicht nur eine vorzügliche Aussicht ins benachbarte Lechtal, sondern auch die Chance, einen Blick ins Inntal zu werfen. Weiterhin ist sie auch ein Sprungbrett, um das Stillachtal nach Westen zum Griesgundkopf zu queren. Bei den Einheimischen ist es beispielsweise sehr beliebt, weiter zur Fiderepaß-Hütte zu fliegen, dort einzulanden und sich nach Stärkung wieder auf den Weg zurück nach Oberstdorf zu machen. In gleicher Richtung geht es ebenfalls weiter zur Mindelheimer Hütte, allerdings ist der nach Südwesten ausgerichtete Grat mit Vorsicht zu genießen, denn hier schwappt der Nordwind aus dem Kleinen Walsertal hinüber. Wer sich unter Grathöhe auf die verlockende Südostseite absinken läßt, findet sich urplötzlich in bestem Lee wieder.

Abb. 16: Wildengundkopf Gipfel
Abb. 16: Wildengundkopf
Der Gipfel ist eher unscheinbar und wenig fotogen.

Der grüne Gipfel des Wildengundkopfes ist durch ein auffallendes Kreuz markiert, das man aus mehreren Blickwinkeln bzw. mit passendem Hintergrund fotografieren sollte, damit die Aufnahmen die nötige Beweiskraft bekommen. Den Weg zurück erleichtert in der Regel eine kräftige Thermik, die den westlichen Wiesenhang unterhalb des Gipfels emporsteigt. Wenn das Wetter es erlaubt, kann man diese ausdrehend, in aller Ruhe mal einen Blick auf die Kollegen an der Jöchelspitze werfen. Diese haben, an der Basis angekommen, meist ca. 200 m mehr auf dem Vario stehen. Auch wenn es von der Optik her verlockend sein sollte, eine Querung ins Lechtal ist hier wegen des stark ausgeprägten Lees viel zu gefährlich.

Der Rückweg folgt der Kette wieder nach Norden bis zum Vorderen Wildgundkopf, wo sich dann die Gewissensfrage stellt. Geht es deutlich über 3000 m hoch, kann man es riskieren, direkt auf den Schattenberg zuzuhalten, wohl wissend, daß mit abnehmender Flughöhe der Einfluß des Talwindes zunimmt. Auf jeden Fall sollte man genügend Reserve einkalkulieren, damit man nicht unterhalb der Höhe des Schattenberggrates gerät. Sollte es zu knapp werden, schwenkt man nach rechts zum Riffenkopf, an dessen Nordwestkante man zur Not noch aufsoaren kann. Erleichtert wird diese lange Querung bei einer Westlage durch das Versetzen der hochreichenden Thermik weit über das Trettachtal.

Sollte die Basishöhe für die lange Querung zum Schattenberg nicht ausreichen, peilt man direkt den südöstlich vom Riffenkopf liegenden Hüttenkopf an. Hier oder an einem der weiter Richtung Höfats liegenden Zwischengipfel kann man wieder genügend Höhe tanken, um den Sprung nach Norden über den Schattenberggrat zu schaffen.

Abb. 17: Zur Höfats
Abb. 17: Zur Höfats
Einer der markantesten Gipfel in Nachbarschaft zum Nebelhorn.

Die oben bereits erwähnte zweite Route zum Wildengundkopf, für Bedingungen mit niedriger Basis, führt vom Schattenberg nach Süden zum Grat zwischen Hüttenkopf und Höfats. Je größer die Ausgangshöhe, desto mehr östlich kann man das Flugziel wählen, um den Umweg so kurz wie möglich zu halten. Hat man den Grat erreicht, reitet man auf ihm entlang, bis man an einem der Zwischengipfel eine genügend starke Thermik zum Aufdrehen findet. Erfahrungsgemäß trägt der letzte keine Gipfel Höfatsmannl unmittelbar vor dem grasbewachsenen bogenförmigen Grat zur Höfats am besten. Von dort kann man das Wendepunktfoto an der Höfats bzw. den Talsprung zum Kegelkopf angehen. Die Höfats selbst trägt nur bei labilen Bedingungen gut.

Am Kegelkopf arbeitet man sich wieder hoch (bei genügender Höhe lohnt ein Zwischenstop nicht) und fliegt je nach erreichter Höhe weiter nach Westen auf die niedrigste Stelle im Grat zwischen Vorderen Wildgundkopf und Klupper oder auch direkt auf den Vorderen Wildgundkopf zu. Bei einer stärkeren Westlage sollte man dort nicht unter Grathöhe ankommen. Am Grat angekommen, geht es dann weiter Richtung Süden, wie oben beschrieben.


Weitere Informationen

Anregungen für die Streckenauswahl gibt es über meine Streckenflugdatenbank.

Informationen zum Fluggebiet selbst gibt es noch beim Geländehalter, dem Oberstdorfer Drachen- und Gleitschirmflieger e.V. (ODV) sowie bei der Flugschule Peter Geg. Im DHV-Info 101 gibt es einen sehr schön bebilderten Artikel mit einer Karte, in der Flugrouten und Thermikzonen eingezeichnet sind.


URL: http://wie-im-flug.net/gleitschirm/nebelhorn/index.html
(c) Dr. Guido Scholz, D-84508 Burgkirchen (info@wie-im-flug.net)
Letzte Änderung: 02.04.2013
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